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14.07.2016, 13:04
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.07.2016, 12:52 von
holgi63.)
Hallo Georg,
vorab: Keine Angst vor biologischem Landbau!
Und: Lass Dir nicht zu viel von Fremden erzählen, noch weniger von ganz weit weg!
Versuch mal, in Deiner Region an die ganz Alten ranzukommen! Das war bei mir 1991 einfacher, weil da noch Leute lebten, die vor dem Krieg gezwungenermaßen ohne PSM und Kunstdünger wirtschaften mussten.
Vielleicht findest Du noch Berufskollegen, die aus ihrer Kinderzeit erzählen können, wie es damals war, als man außer Gülle, Jauche und Mist, sowie einer Fruchtfolge mit leguminosem Ackerfutter nur wenig Möglichkeiten hatte, die Böden zu "ernähren", um das Brot zu erwerben.
Der Vorteil dieser Alten: Die kennen Deine Böden wie sonst niemand, auch keiner bei Bioland oder Demeter! Und es ist ein Unterschied, ob Du Dich Deinem Boden in der Praxis näherst oder "wissenschaftlich".
Trotzdem solltest Du auch Kontakt zum Öko-Berater Deiner Region suchen - und es wäre ideal, wenn der auch dort aufgewachsen ist und praktischen Bezug zur Materie hat.
Mein bestes Lehrbuch in der Umstellungszeit war die Ackerbaulehre meines Vaters, die er in der Landwirtschaftsschule ausgehändigt bekam. Darin spielten PSM und Mineraldünger noch eine bescheidene Nebenrolle, aber die Kenntnis des Bodens und der Klimaverhältnisse - sowie der dort genannten Pflicht, sich diese Erkenntnis immer wieder neu zu erarbeiten - eine Hauptrolle.
Du musst verstehen, dass nicht nur Du umstellst, sondern auch Deine Böden - und die Mikrofauna darin.
Diese Umstellung ist bei Deinen Böden gravierend und bei jeder Bodenart anders.Da unterscheiden sich Lehm- und Tonböden massiv von Sandböden oder gar "umgedrehtem" Moor, wie es einst die Fa. Ottomeyer im Emsland produziert hat. Auch im 20. Jahrhundert gerodetes Neuland (vorher Wald) hat ein anderes Verhalten, als Böden, die Jahrhunderte unter dem Pflug waren. Letztlich dauert je nach Bodenart dieser Prozess bis 20 Jahre!
Es wird Rückschläge geben, manche davon optisch schmerzhaft, wenn eine Verunkrautung im Feld die Kultur zu überwuchern im Begriff ist. In den Umstellungsjahren wird es solche Episoden geben: Zuerst die Nitrophilen wie Klettenlabkraut, die Ärger machen, später dann andere Pflanzen. In steinigen Böden können das Wurzelgräser wie die Quecke sein, andere Böden werden andere Probleme bekommen. Wenn Deine Böden locker sind und bei Bearbeitung "auseinanderfallen", nicht kleben oder binden, kriegst Du das meiste in den Griff und manches wird gar nicht kommen.
Am Ende bleiben dann Ampfer und andere ausdauernde und stark samende Pflanzen übrig. Bei mir - viehlos - ist beispielsweise die Vogelwicke ein echtes Problem. Der Ampfer auch, obwohl viehlos, aber durch "kontrolliert ampferfreies" Kleegras-Saatgut importiert...
Manches, was optisch schlimm auszusehen scheint - was dann am Stammtisch auch immer wieder gern herangenommen wird, um Dir eins reinzubraten - ist wirtschaftlich gar nicht so schlimm. Da braucht's nur Nerven und Geduld.
Bei mir gab's mal ein Jahr, wo die Hundskamille zum Problem wurde - ein einziges Mal nur, aber die "Kamillentee-Plantage" sehe ich heute noch vor mir...
Aber auch das war eine epochale Erscheinung in dieser Umstellungsprozedur der Böden. Heute ist ein solcher Vorfall in der Dimension nicht mehr möglich.
Die Technik muss sich nicht von der herkömmlichen unterscheiden. Man kauft Maschinen auch im konventionellen Landbau abhängig von der vorliegenden Bodenart.
Wenn Du Steine hast, brauchst Du so oder so den Pflug mit Steinsicherung. Ein guter Striegel sollte sein, aber auch der wird in den ersten Jahren mehr gebraucht, als später. Heute habe ich Felder, die säe ich aus und befahre sie als nächstes mit dem Mähdrescher. Vor der Aussaat muss man sich etwas mehr Gedanken und Arbeit machen.
Deine Stoppelbearbeitung MUSS eine Saatbeetvorbereitung für das Unkraut werden.
Und wenn Du bisher pfluglos gewirtschaftet hast, dann kann das in vielen Fällen ebenfalls so bleiben, aber ganz ohne Pflug wird es wahrscheinlich nicht gehen.
Das hängt aber stark von der Bodenart ab: Böden, die "Luft" brauchen (Oderbruch oder Mittelgebirge), brauchen oft auch den Pflug, lockere Sand- oder Lössböden eher weniger.
Wenn die Böden (und Deine Technik) bei der Bodenbearbeitung das Unkraut wurzelnackt an der Oberfläche hinterlassen, dann kann es gehen.
Lass Dir auch von keinem erzählen "die oder jene" Maschine geht im ÖKO-Landbau gar nicht. Das hört man immer wieder aber das ist schlicht Blödsinn. Alles, was vorher vernünftig einsetzbar war, bleibt vernünftig einsetzbar, sofern die Gründe weiterbestehen, weshalb man die Maschine einsetzt. Es kann also passieren, dass es nicht mehr nötig ist, eine bestimmte Maschine einzusetzen, aber es gibt keine Maschine die im ÖKO-Landbau unmöglich ist. Sogar die PSM-Spritze mit den zugelassenen Wirkstoffen kann im einen oder andren Fall Sinn machen.
Kuriositäten, wie der Wühlpflug oder andere nicht wendende Pflugkonstruktionen wie der Parapflug kann man sich mal anschauen, aber die Welt geht nicht unter, wenn so ein Teil nicht in den eigenen Brennesseln steht. Bringt auch nur was, wenn man Böden hat, die häufigere Lockerung brauchen. Parapflüge sind außerdem nichts anderes als nicht allzu tief arbeitende Untergrundlockerer, die halt wie ein Pflug aussehen...
Und lass Dich nicht ködern von ÖKO-Wundermitteln, wie Saatgut-Beizen oder "Nahrungsergänzungsmitteln" für die Pflanzenernährung. Das ist wie bei den Frauen in der Bunte, wo alle zwei Wochen eine neue Wunderdiät versprochen wird. Stellt Euch vor, die würde wirken - die Bunte würde keiner mehr kaufen ;-)
In Sonderkulturen / Gemüsebau sollte man sich bei Youtube mal die in der Schweiz und in Holland gemachten Videos zu alternativen Verfahren ansehen, die sind weiter als wir hier...
Und der MBtrac kann selbstverständlich bleiben, weshalb denn nicht?
Grüße
Holger
406.120 '72, 440.161 '75, 440.167 '83
Die 3 MBtrac-Grundsätze:
1.) Ein MBtrac ist zwar nicht alles, aber ohne MBtrac ist alles nichts!
woraus folgt:
2.) Ein Leben ohne MBtrac ist möglich - aber sinnlos...
doch zum Glück für die vielen Nicht MBtrac Besitzer:
3.) Nur wer einen MBtrac besitzt, weiß, was allen anderen fehlt...